Bereits 2017 als Standard verabschiedet, tauchen zwischenzeitlich mehr und mehr Bausteine und Geräte für die nächste, vierte Generation des Serial Attached SCSI Protokolls auf, kurz auch als 24G SAS bezeichnet. Neben der quasi obligatorischen Verdoppelung der Übertragungsgeschwindigkeit gibt es einige Verbesserungen zur Zuverlässigkeit von SAS-Verbindungen, sowie für Umgebungen mit sehr vielen angeschlossenen Devices.
Die derzeit übliche SAS-Schnittstelle mit 12 Gbit/s scheint zwischenzeitlich doch etwas in die Jahre gekommen. Ein Blick auf die Roadmap bestätigt: 12Gb/s SAS wurde bereits Ende 2013 eingeführt, also vor beinahe sieben Jahren. In der für rasante Entwicklung bekannten IT-Branche eine kleine Ewigkeit. Der Standard für 24G SAS wurde schon 2017 durch das Komitee T10 des International Committee for Information Technology Standards (INCITS) verabschiedet. Jenes Komitee T10 befasst sich ausschließlich mit der Standardisierung von SCSI.
Mitte 2019 führte die SCSI Trade Association (STA) dann das erste 24G SAS Plugfest durch. Zu einem solchen Plugfest treffen sich verschiedene Hersteller, i. d. R. alles Mitglieder der STA, bringen ihre frisch entwickelte Hardware und Prototypen mit, stöpseln alles zusammen, und prüfen so Funktionalität, Interoperabilität, und ob sich ihre Entwicklungen auch untereinander standardkonform verhalten. Das auf einem Plugfest gewonnene Wissen fließt danach in die weitere Verbesserung des eigenen Produktes ein, ehe die Serienproduktion anrollen kann. Es ist deshalb nur natürlich, dass ab etwa einem halben Jahr nach einem solchen Industrietreffen erste Produkte in den Markt kommen.
24G SAS kann nicht nur schneller
Eng verknüpft mit der Protokollschicht ist immer auch die physikalische Schicht, in der Signalisierung, Übertragungsfrequenzen (und damit Übertragungsgeschwindigkeit) aber z. B. auch Steckerformate festgelegt werden. Zu 24G SAS gehört als physische Spezifikation SAS-4. Darin wird die maximale Übertragungsgeschwindigkeit festgelegt auf 22,5 Gbit/s, also knapp das doppelte von 12 Gb/s SAS aus der vorhergehenden SAS-3-Spezifikation.
Weil schnellere Datenraten auch die Wahrscheinlichkeit von Übertragungsfehlern erhöhen, führte man eine sog. Forward Error Correction in das Protokoll ein. Durch eine 20 Bit lange Prüfsumme je übertragenem Paket können maximal 2 Bitfehler pro Paket direkt auf Empfängerseite korrigiert werden. Dadurch brauchen weniger fehlerhafte Pakete erneut übertragen werden, was nicht zuletzt der Gesamtperformance zugutekommt. SAS-4-Schnittstellen können sich zudem automatisch auf sich verändernde elektrische Verbindungsparameter einstellen (Active PHY Transmitter Adjustment, APTA). Diese Umstellung bzw. automatische Anpassung erfolgt im Hintergrund, laufender Datenverkehr wird damit nicht unterbrochen. Zudem dürfen wir uns mal wieder auf neue, zusätzliche Steckverbinder freuen.
Auf Protokoll-Ebene und im SCSI Command Layer sind die Neuerungen und Verbesserungen nicht so deutlich ausgeprägt. Dass SCSI und SAS seit vielen Jahren etabliert und entsprechend abgehangen sind, spielt dabei sicher eine wesentliche Rolle. Um dem steten Datenhunger zu entgegnen, bringt die Festplattenindustrie uns Dinge wie SSDs, Shingled Magnetic Recording (SMR), MAMR und HAMR (Microwave-Assisted und Heat-Assisted Magnetic Recording) oder Multiple-Actuator-Festplatten. Damit diese Funktionen von Betriebssystemen auch optimal genutzt werden können, wurde das SCSI Command Set an den entsprechenden Stellen ergänzt oder angepasst. Die kommende Generation SAS-Controller wird zudem von Anfang an auch PCIe 4.0 unterstützen.
Zu Entwicklung sowie Fertigung von 24G-SAS-Geräten, ist passendes Test- und Messequipment erforderlich. Entsprechende Geräte sind bereits seit einer Weile verfügbar und waren auch Bestandteil des oben erwähnten Plugfest. Von Kioxia gibt es erste SSDs mit 24G-SAS-Anschluss, verschiedene Hersteller bieten Controller-Chips und SAS-Expander. Es ist zu erwarten, dass bis zum Jahresende 2020 flächendeckend SAS-4-Geräte verfügbar sind. Man kann weiterhin davon ausgehen, dass SAS-3 sich noch eine Weile parallel am Markt halten wird.
Vergleicht man 24G SAS mit dem deutlich schnelleren NVMe, muss die Frage erlaubt sein, weshalb überhaupt noch SCSI? Nun, noch gibt es eine Reihe Anwendungsbereiche, die nicht performancekritisch sind, wo aber der Preis eine entscheidende Rolle spielt, z. B. wegen der erforderlichen, großen Kapazität. In diesem Zusammenhang häufig genannt wird das umfangreiche Feld der Video-Überwachung. Ähnliches gilt für viele andere platzhungrige Datenarchive oder auch Caching-Bereiche großer, zeitkritischer Backup-Umgebungen mit einer Backup-to-Disk-to-Tape-Strategie. Auch im Bereich der Low-End-Arrays hat SAS aus Preisgründen weiterhin seine Berechtigung. Während das High-End-Segment der 10k- und 15k-Platten mehr und mehr vom Markt verschwindet (zugunsten NVMe/Flash), ist das Marktvolumen an 7k2-Platten durchaus signifikant. Und damit hat SAS bis auf weiteres auch seinen Platz im Markt.
Für Ende 2023 ist von der STA das nächste Plugfest geplant, dann für 48G SAS. Am zugehörigen Standard SAS-5 arbeitet man in der T10-Arbeitsgruppe des INCITS seit Mai 2018, für November 2020 ist eine erste öffentliche Version der Spezifikation vorgesehen. Hersteller setzen also offenbar auch weiterhin noch auf SAS und investieren in die Weiterentwicklung der Standards.
Dieser Artikel erschien zuerst am 12.05.2020 bei speicherguide.de.