Mainframe und Tape gehören zusammen wie Pferd und Karren? Das war lange so. Entwicklungen machen auch vor den Monolithen im Rechenzentrum nicht halt. Anwender wollen moderne Applikationen. Unternehmen wollen ihre Daten noch besser nutzen. Eine RTO von mehreren Wochen ist nicht mehr wettbewerbsfähig. All das ist mit legacy Programmen nicht immer ohne weiteres möglich. Viele moderne Anwendungen sind cloud-native. Und noch etwas macht sorgt in Unternehmen für Kopfschmerzen: die Wirtschaftlichkeit und Komplexität traditioneller Mainframe-Landschaften. Die Cloud liegt nahe – und doch so fern? Nicht mit Model9, einem Startup aus Israel. Die jungen Entwickler migrieren mit ihrer Technologie die Daten vom Großrechner nicht nur sicher, sondern vor allem auch schnell und kosteneffizient in die Cloud.
Was ist überhaupt ein Mainframe?
Prinzipiell ist es in erster Linie ein Computer mit einer besonders leistungsfähigen Architektur. Mainframes sind dafür ausgelegt, täglich zig Billion Transaktionen in Echtzeit zu verarbeiten – und zwar mit immer gleichbleibender Geschwindigkeit. Das macht sie besonders wertvoll für den Einsatz im Finanzwesen (z. B. in Banken oder an der Börse) oder für Versicherungen (z. B. bei der Quartalsabrechnung der Krankenkassen), aber auch in Ticketsystemen wie global für die Buchung von Flügen.
Auf Grund ihrer Architektur können Mainframes Datensätze extrem schnell annehmen bzw. ausgeben. Ein bisschen lässt sich die Architektur mit dem Ansatz einer disaggregated composable Infrastruktur vergleichen. Ein Mainframe besteht aus zentralem Prozessor, dem Hauptspeicher mit einem entsprechenden Controller, einem peripheren Prozessor Subsystem, Datenkanälen und einem passenden Konverter sowie einem Display-Controler.
Optional haben manche Systeme noch einen ECS-Coupler (Enhanced Catalog Sharing). Ebenfalls optional sind Peripherie-Geräte wie Storage, Drucker, Netzwerk oder auch ein Bandarchiv. Modular lassen sich entweder Rechenleistung, Arbeitsspeicher oder Storage ausbauen – je nach Einsatzzweck. Spezielle Mainframe-Betriebssysteme sorgen dafür, dass alle Komponenten maximal effizient arbeiten. Die Anwendungen sind oft ganz speziell für einen bestimmten Mainframe entwickelt und auf das entsprechende Betriebssystem abgestimmt.
Um den Hauptprozessor zu entlasten, verfügen Mainframes über eine Anzahl Co-Prozessoren. Die sind jeweils für eine bestimmte Aufgabe vorgesehen. Das können arithmetische oder kryptographische Aufgaben sein. Sie können aber auch für die Grafik oder die Signal- oder Zeichenkettenverarbeitung verantwortlich sein.
Trotz ihrer Leistungsstärke sind Mainframes nicht so hochspezialisiert wie Supercomputer, die vorrangig im wissenschaftlichen Umfeld zum Einsatz kommen. Mainframes sind meist kleiner und damit günstiger als ein Supercomputer, was sie attraktiver für Unternehmen macht. Von ursprünglich vielen Anbietern ist inzwischen de facto jedoch nur noch IBM übrig. Erst im März 2022 stellte Fujitsu seine UNIX-Sparte ein; verspricht Kunden allerdings noch Support bis 2035. Der Abschied verwundert, denn die Monolithen im Rechenzentrum erfreuen sich wieder zunehmender Beliebtheit im Markt. Immer mehr Branchen ziehen einen Mainframe als Alternative in Betracht. Trotz der hohen Anschaffungs- und Betriebskosten sind Mainframes tatsächlich wirtschaftlicher als eine x86-Landschaft mit vergleichbarer Leistung. Und spätestens seit sich Mainframes auch nahtlos in die Cloud-Strategie einbinden lassen, sind sie wieder richtig en-vogue.
Der Mainframe und die Cloud
Einer Forrester-Umfrage zufolge nutzen heute noch knapp die Hälfte der deutschen Unternehmen für den Großteil ihrer geschäftskritischen Anwendungen einen Mainframe. Eine Migration auf günstigere x86-Architektur kommt aus verschiedenen Gründen nicht in Frage. Der hohe Portierungsaufwand für Anwendungen ist nur ein Aspekt. Vor allem schätzen Banken, Finanzdienstleister oder Versicherer die Leistung und Zuverlässigkeit der Monolithen. Gartner hat herausgefunden, dass eine Stunde Ausfall bis zu 300.000 Euro kosten kann – ohne die sehr wahrscheinlichen Verluste der Image- und anderer Folgeschäden. Aber auch moderne Technologie wie KI oder Blockchain entdecken mehr und mehr die Vorzüge von Großrechnern. In Verbindung mit neuen oder der Weiterentwicklung bestehender Anwendungen sowie der allgemeinen Modernisierung von IT-Services werden Cloudplattformen auch für Mainframe-Betreiber interessant. Ein nahe liegender Use Case sind Tests und Analysen. Diese Tasks lassen sich prima in eine Cloud auslagern.
Bisher scheiterten Projekte vor allem an den Kosten. Nach wie vor ist das Teuerste am Mainframe die Rechenzeit und daher meist den unternehmenskritischen Daten und Anwendungen vorbehalten. Und auch das Portieren von Anwendungen auf den Mainframe oder vom Mainframe in die Cloud ist aufwendig.
Eine weitere große Herausforderung bei der Migration der Daten in die Cloud ist die Sicherheit. Beim klassischen Lift-&-Shift-Ansatz werden wertvolle Daten einem hohen Sicherheitsrisiko ausgesetzt. Zudem ist in keiner Weise sichergestellt, dass die Daten in der Cloud wie gewünscht funktionieren. Model9-Gründer und CEO Gil Peleg weiß, was alles bei einer Cloud-Migration schief gehen kann und geht einen andern, sicheren hybriden Weg.
Kosten sparen mit dem Hybrid-Ansatz von Model9
Die Lizenzkosten eines Mainframes basieren auf so genannten MSU: Million Service Units. Diese Zahl sagt aus, wieviel Verarbeitungsarbeit ein Computer in einer Stunde leisten kann. Für dieses Modell spielt die Anzahl der Prozessoren eine Rolle – aber nur, wenn sie vom Betriebssystem z-OS genutzt werden. Da Legacy-Anwendungen fast immer auf z-OS basieren, treiben die auch die Kosten in die Höhe. Da hat sich seit Erfindung des Mainframe nichts geändert: Der Preis ist immer noch abhängig von der Rechenleistung, die verbraucht wird. Anders ist das bei Java-Programmen. Die nutzen einen speziellen Co-Prozessor, der für die Lizenzierung keine Rolle spielt. Diesen Umstand macht sich das israelische Startup Model9, die wir in Tel Aviv besucht haben, zunutze.
Mit dem Model9 Manager und seiner integrierten Speicherplatzverwaltung lassen sich Daten direkt vom Mainframe in die Cloud sichern, archivieren und im Notfall wieder herstellen. Mit der Lösung können beliebige Mainframe-Daten in jedem Format – einschließlich DB2, VSAM, sequentieller und partitionierter Datensätze – in offene Standardformate wie JSON und CSV transformiert werden. Der Cloud Data Manager nutzt dazu den IBM z Systems Integrated Information Processor (zIIP). Mit dem Model9 Shield bietet das Unternehmen zusätzlich einen unveränderlichen Speicher in der Cloud. Darüber hinaus werden die Daten komprimiert und durchgängig verschlüsselt. Indem eine Kopie der Daten an einen Cloud-Objektspeicher gesendet werden, können sie auch „air-gapped“ werden. Diese zusätzliche Kopie wird vom Netzwerk isoliert und ist vor böswilligen Angriffen geschützt.
Das Air-gapping macht Model9 vor allem für Führungskräfte im Bereich Infrastruktur und Betrieb (I&O) interessant, indem es teure Mainframe-Bandsicherungssysteme und die damit verbundenen unbefristeten Softwarelizenzen zu eliminieren hilft. Gleichzeitig können mit der Auslagerung der Sicherungskopien in die Cloud die Daten auch leicht neuen Anwendungsfällen zur Verfügung gestellt werden. Das macht Unternehmen agiler, reduziert Kosten und optimiert die Nutzung in jeder Phase des Lebenszyklusses der Daten.
Wie so etwas in der Praxis aussieht, zeigt der Anwenderbericht der Nedbank, die Backup und Disaster Recovery direkt von ihrem Mainframe in die Azure-Cloud implementierte. Die südafrikanische Bank gehört zu den Global1000 und wollte den Mainframe in ihre Cloud-Transformation und BI-Initiative auf der Grundlage von Azure PowerBI einbeziehen.
Mit Model9 konnte die moderne Bank einen Großteil der IBM-Software und Oracle-Speicherhardware ersetzen.
Den kompletten Bericht gibt es in einem Webinar-on-Demand zum Nachschauen. Weitere Use Cases gibt es auf der Website von Model9. Wie die Reise in die Cloud generell gelingt, hat Model9 in einem eBook zusammengefasst. In Deutschland helfen Partner wie die Telekom bei der Cloud-Migration.
Wir trafen Gil Peleg auf der IT Press Tour 4. April 2022 in Tel Aviv, Israel.