Immer wieder taucht die Frage auf, wann denn die Menge der weltweit verkauften Festplatten von SSDs überholt wird. Je nach Betrachtung könnte das demnächst der Fall sein, viele Jahre dauern, oder nie passieren.
Der Analyst David Floyer von Wikibon Research hat versucht zu errechnen, ab wann Speicherplatz auf SSDs billiger werden wird als HDDs. Er benutzt dazu Wright’s Law [1], wonach sich mit zunehmender Erfahrung in der Herstellung über die Zeit die Stückkosten verringern. Das geht am Anfang schnell, weil man schnell an Erfahrung gewinnt. Über die Zeit verlangsamt sich der Prozess. Entsprechend ist die Kurve für SSDs derzeit noch deutlich steiler, als die für HDDs. Legt man die Preisentwicklung der letzten paar Jahre zugrunde, gibt es einen Kreuzungspunkt der beiden Kurven irgendwann im Jahr 2026. Ab dann — so Floyer — wird das Terabyte SSD billiger als das Terabyte HDD.
Allerdings fehlt der Betrachtung eine ganz wesentliche Komponente: die weltweite Fertigungskapazität für NAND-Flash. Selbst Flash-Herstellern ist klar, dass es auf absehbare Zeit nicht möglich sein wird, das weltweit benötigte Speichervolumen einzig mit Flash zu bedienen. Im Gegensatz zur vergleichsweise einfachen mechanischen und elektronischen Fertigung von Festplatten erfordert die Herstellung von Flash-Chips komplexe chemische Prozesse. Der Bau einer Fabrikationsanlage für Halbleiterspeicher ist aufwendig und teuer. Es ist deshalb nicht so ganz einfach (und auch nicht kurzfristig rentabel), mal eben neue Halbleiter-Fabs auf die grüne Wiese zu stellen. Wir haben das im Rahmen der data://disrupted® The Summit im November 2020 z. B. auch mit Toshiba diskutiert (Unterhaltung am Ende des Vortrags):
Es wäre nicht das erste Mal, dass eine Modellrechnung durch die Realität eingeholt wird. Die (theoretische) Betrachtung hat dennoch ihre Berechtigung, die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Unbestritten ist, dass SSDs weiter im Preis fallen werden, und insbesondere schneller im Preis fallen werden, als Festplatten. Es wird also mindestens eine Annäherung der Preise geben, womit es für immer mehr Unternehmen interessanter wird, SSDs auch für weniger heiße Daten zu verwenden, als das bislang der Fall ist.
Links zum Weiterlesen:
Wright’s Law ist in Deutschland als Erfahrungskurve bekannt (Wikipedia).
Etwas ausführlicher, aber in Englisch erklärt der Artikel SSDs will crush hard drives in the enterprise, bearing down the full weight of Wright’s Law von Blocks & Files das Thema.
Schließlich können interessierte Leser auch direkt auf die Analyse von Wikibon zurück greifen: QLC Flash HAMRs HDD – Wikibon Research Der Text ist reich garniert mit Diagrammen.