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Sonntag, November 24, 2024
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Cloud oder stirb!

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Mit Intel® Software Defined Silicon (SDSi) erhalten Anwender zusätzliche CPU-Funktionen auf Prozessoren der Intel® Xeon®-Familie. Die Freischaltung dieser zusätzlichen Chipfunktionen erfolgt in einem Lizenzaktivierungsprozess. Vor zehn Jahren scheiterte Intel® mit einem ähnlichem Vorhaben im Endkundensegment. Damals war kaum jemand bereit, für z. B. höhere Taktraten der Siliziumschmiede weitere Münzen in den Rachen zu stopfen. Aber: Geschäftskunden zahlen bekanntlich für alles, was gut klingt und Dinge verspricht, die eigentlich keiner braucht. Oder? Oder?!

Kürzlich stolperten wir über einen Thread auf Twitter zum Thema „Wenn dir die eigene Hardware nicht mehr gehört…“. Auslöser der Diskussion war ein kürzlich veröffentlichte Spezifikation (⤴︎) mit Unterstützung für den Intel Software Defined Silicon (SDSi) Mechanismus in Linux. Einer, der sich wirklich mit der Materie auskennt, gab umgehend zu bedenken: „Das braucht wesentlich mehr Kontext.“

Betrachten wir zunächst einmal den Markt. Bis 2020 dominierte Intel diesen mit einem Anteil von mehr als 90% bei den Server-CPUs. Der Markt wächst rasant weiter. Das weckt Begehrlichkeiten und folgerichtig wollen auch andere ein Stück vom Chipkuchen abbekommen. Da ist zuerst einmal AMD, die ihren Marktanteil bei den Server-CPUs innerhalb eines Jahres von 2,9% im Q1/2020 auf 8,9% im Q1/2021 ausbauen konnten (Quelle IDC) – bis September 2021 sollen es sogar schon 16% gewesen sein.

Dazu kommt noch, dass die obigen Prozentangaben nach Stückzahlen sind, nicht nach Core-Count. Sonst sähe es noch schlimmer aus.

Kristian Köntopp, #cloudnative Datenbankautomatisierer

Jetzt hat so ein AMD-Prozessor bis zu 128 Cores. Das Flagschiff von Intel schafft es gerade mal auf 56. Diese Betrachtung verschiebt die Marktanteile noch einmal deutlich zu AMDs Gunsten.

Insgesamt haben x86-Prozessoren 87% Marktanteil. Die restlichen 13% teilen sich RISC-CPUs und andere. Die wollen mehr und auch neue Herausforderer drängen in den Markt.

Im April 2021 kündigte NVIDIA mit GRACE (⤴︎) eine eigene Server-CPU an. ARM will bis 2023 ebenfalls mit HPC-fähigen Serverprozessoren marktreif sein. Vor allem in Asien gewinnt die offene RISC-V-Architektur an Popularität. Alibaba Cloud ist laut IDC eines der am schnellsten wachsenden Geschäftsfelder des chinesischen E-Commerce-Riesen und gehörte in der zweiten Jahreshälfte 2020 zu den größten Public-Cloud-Diensten der Welt. Mit Xuantie 910 brachte 2019 die hauseigene Halbleitersparte ihren ersten auf RISC-V basierten Prozessor für Cloud-, Edge- und IoT-Anwendungen auf den Markt. Marvell ist spezialisiert auf Data Processing Units (DPUs). Das hinderte das Unternehmen nicht daran, 2020 mit ThunderX3 auch eine leistungsfähige CPU vorzustellen. Ein Jahr zuvor stellte Huawei mit Ascend 910 den damals weltweit leistungsstärksten KI-Prozessor vor. Und wer erinnert sich noch an SUN Microsystems? Deren Prozessorsparte wurde 2010 mit dem ganzen Rest an Oracle verkauft. Und auch wenn die letzte Version SPARC64 XII bereits aus 2017 ist, rüstet Fujitsu nach wie vor ihre Midrange-Boliden damit aus. Und last not least stellte IBM erst 2021 seine neue Generation POWER 10 vor.

Marwells ThunderX3 kommt übrigens auf 96 Kerne.

Das Pareto-Prinzip

Einen großen Anteil am rasanten Aufstieg von AMD haben Hyperscale Cloud Service Provider wie AWS, Azure, Facebook und – allen voran – Google. Das On-Premises-Geschäft mit Firmen und Behörden macht gerade mal 7% aus. Rund 50% aller Server-Prozessoren werden an Cloud Service Provider (CSPs) verkauft. Innerhalb dieses Segmentes wurden 2019 laut Omdia 85% aller CPUs in Hyperscale Public Clouds und Tier2-CSPs verbaut, der Rest geht an Telcos. Letztere verloren (und verlieren) immer mehr Anteile an die Hyperscale Clouds. Uns wundert das nicht. Spätestens mit ORAN (Open Radio Access Network – hat u. a. was mit 5G zu tun) fällt eine weitere Bastion der Siliziumschmieden. Auch wenn NOKIA mit dem neuen FP5 Routing-Prozessor fest an eine proprietäre Zukunft glaubt – die Zukunft heißt Cloud und Building Blocks. Intel weiß das.

Auf die Performance kommt es an, die Intelligenz des Netzwerkes der Zukunft wohnt in der Cloud. (Quelle: Intel auf dem Networking Field Day 25)

Wer mehr darüber wissen will, findet Informationen dazu im Intel Newsroom (⤴︎). Die Vorträge dazu gibt es auf den Seiten vom Tech Field Day (⤴︎). Doch zurück zu den CPUs. Wir rekapitulieren:

  1. Intel verliert Marktanteile bei den Server-CPUs.
  2. Hyperscaler sind ein lukrativer Markt.

Zu den Hyperscalern muß man wissen, dass dort jetzt schon vorwiegend Custom Silicon für Virtualization Offloading, Network Offloading oder AI-Frameworks eingesetzt werden. Der ohnehin begehrenswerte Markt wird also noch einmal interessanter durch hochgradig spezialisierte Halbleiter – siehe Intel Silicon Photonics. Die weiter oben erwähnten DPUs sind ein weiteres Beispiel dafür.

Hyperscaler kaufen heute schon Custom Xeons. Es gibt zum Beispiel eine Amazon-Variante von Xeon, die nicht auf der normalen ARK-Liste ist.

Kristian Köhntopp, hat schon mal eine Cloud gebaut und ein Rechenzentren geplant

Die Kehrseite der Medaille? Solch hochgradig spezialisierte Prozessoren sind für den On-Prem-Betrieb völlig überqualifiziert. Kristian Köhntopp weiß, dass die meisten Unternehmen „bereits auf einem 64Core/128Thread-Dickschiff mit Standard Config (Single Socket) und 2T oder 4T RAM ihre ganze Firma drauf laufen lassen können“. Aber will man das auch?

Die eigene Hardware muß gewartet werden. Sie muß ausfallsicher sein, also braucht man mindestens zwei davon. Was allerdings noch längst nicht den Blast-Radius auch nur ansatzweise minimiert. Das alles muß konfiguriert werden. Konfigurationsfehler sind eines der Top-5-Sicherheitsrisiken. Und überhaupt! Da ist ja noch das Ding mit den Schwachstellen. Und erst die Zero-Days! Ich brauch also auch – nein, keine Firewall. Bitte nicht! Es gibt wirklich keinen Grund, seine Daten weiter unter dem Schreibtisch zu horten – wenn es auch anders geht.

Der Flexera State of the Cloud Report 2021 (⤴︎) zeigt, dass Unternehmen weiterhin Multi-Cloud- und Hybrid-Cloud-Strategien verfolgen – und das sicher nicht nur aufgrund der COVID-19-Pandemiebeschränkungen im Jahr 2020. Also noch weniger Gründe für Hersteller wie Intel, Zeit und Geld für die Entwicklung von Feld-, Wald- und Wiesen-CPUs zu verschwenden. Wer sich unbedingt weiterhin die Füße wärmen will, muß den Preis dafür bezahlen.

„Es heisst noch was anderes, und das ist viel, viel wichtiger: Es ist absehbar in 5-10 Jahren nicht mehr möglich, ein Rechenzentrum mit Private Cloud kompetetiv zu betreiben, weil Du mit der Nicht-Cloud-Tech das schlicht nicht kannst und Cloud-Tech proprietär sein wird.“

Kristian Köhntopp, kennt wirklich große, private Cloudbetreiber

Aber, aber, aber …

Ja, es gibt ein ein Aber. Sogar ein sehr großes. Viele Mittelständler setzen inzwischen auch auf Cloud Technologie. Sei es für Onlinetransaktionen, als Service-Angebot für die Industrie oder die Virtualisierung der Filmindustrie. Regionale und Nischenanbieter sowie große Unternehmen mit (heute noch) eigenem Rechenzentrum werden sich die Technologie in ein paar Jahren vielleicht nicht mehr leisten können. Kristian ist überzeugt: „Alle Push- und Pull-Faktoren in der Technik und der Wirtschaftlichkeit zeigen gerade massiv auf die Public Cloud. Wenn Du Dein Unternehmen und die IT da drin nicht mit Gewalt und jetzt in die Public Cloud bringst, bist Du in 5-10 Jahren am Arsch“

Die Kehrseite dieser Bewegung sind Data-Lockins durch die derzeit noch sehr hohen Egress-Kosten und teils wirklich nicht sehr transparente Lizenz- und Preispolitik der großen public Clouds. Aber auch da gibt es z. B. mit Wasabi zarte Lichtstreifen am Horizont.


Den komplette Thread kannst Du auf Twitter (⤴︎) lesen. Kristian hat das Thema auch in seinem Blog (⤴︎) aufgegriffen.

Kerstin Mende-Stief
Kerstin Mende-Stief
Publisher & Editor in Chief data-disrupted.de | Analyst | Ghost Writer | Tech Doku & Translations @ mende.media for B2B ICT only, open source first | Cocktail Mixer | House Electrician | cat herder

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