Laut dem Europe Edge Computing Market Report von Quadintel ist Europa auf dem Weg zur digitalen Industrialisierung. Rund 91 % der europäischen Unternehmen investieren in die Digitalisierung von Fabrikanlagen im Herzen Europas. Möglichkeiten und Beschränkungen bremsen Nachfrage und Wachstum, vor allem in Deutschland. Verlust der Datenhoheit, Sicherheitsbedenken und vor allem die Auflagen der DSGVO machen den Verantwortlichen die Entscheidung oft nicht leicht.
Edge Computing gewinnt vor allem in Bereichen wie Smart Factories, Autonomes Fahren, Stromnetze (Smart Grids) und im Gesundheitswesen zunehmend an Bedeutung. Intelligenz aus der Cloud und zentrale Verwaltung aller Geräte und Nutzer erleichtern Administration und Betrieb komplexer Service-Infrastrukturen. Allerdings erfordern zeitkritische Anwendungen kurze Lauf- und schnelle Reaktionszeiten. Viele Daten werden daher am Edge oder in Rechenzentren in der Nähe verarbeitet. Letzteres ist nicht immer einfach. Rechenzentrumsbetreiber suchten in der Vergangenheit die Nähe zu den großen Austauschknoten in Telekommunikationshochburgen wie Frankfurt/M., Hamburg oder Amsterdam. Fehlende oder unzureichende Bandbreiten machten es Betreibern nahe der Industriestandorte schwer. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass nicht wenige Industrieunternehmen zwischen großen, günstigen Flächen und Hochgeschwindigkeitsanschluß wählen mußten. Viele kämpfen noch heute mit den Folgen ihrer Entscheidung.
Die Cloud kommt näher
Hilfe naht von neuen Anbietern. Die erkennen das Dilemma der Industrie. Fortschreitender Netzausbau und neue Technologie wie HCI und 5G ermöglichen neue Ansätze. Daten müssen nicht mehr zwangsläufig zu den Anwendungen gebracht werden bzw. kommen Anwendungen näher an die Daten heran. Diese Dezentralisierung ist als Edge Computing bekannt.
Regionale RZ-Betreiber und Cloud-Anbieter spielen eine wichtige Rolle im Edge Computing. Zu den größten Herausforderungen gehört die Stromversorgung. Der Branchenverband Bitkom teilte mit, dass bereits im Jahr 2020 allein deutsche Rechenzentren 16 Milliarden Kilowattstunden (kWh) verbrauchten.
Mit einer kWh könnte man eine Mahlzeit für vier Personen kochen. Der Verbrauch Allein der deutschen Rechenzentren würde reichen, acht Mahlzeiten für die gesamte Weltbevölkerung zu kochen.
Kerstin Mende-Stief, Herausgeber data://disrupted® und Analyst für GigaOm
Und der Energiehunger steigt mit jeder neuen Anwendung und jeder leistungsfähigeren Hardware. Dabei sind es nicht nur die Prozessoren, die Strom brauchen. Ein sehr großer Teil fließt in die Kühlung der Rechenboliden. Um den Energiebedarf zu stillen, setzen Rechenzentrumsbetreiber immer öfter auf erneuerbare Energien. Einmal im Betrieb senken sie mit jeder kWh den ökologischen Fußabdruck zumindest bei der Stromerzeugung.
Einer dieser Anbieter ist Beyond.pl. Der Anbieter von Managed Services, Cloud-Computing-Umgebungen und Infrastructure as a Service betreibt aktuell zwei Rechenzentren in Poznań. Eines davon zählt zu den energieeffizientesten Anlagen in Polen (PUE von 1,2).
Das Datacenter 2 wird zu 100 % mit erneuerbarer Energie gespeist. Außerdem ist beyond.pl das erste Rechenzentrum in der Europäischen Union und das einzige in Mitteleuropa mit einem Rate 4 ANSI/TIA-942-Zertifikat für Design, Bau und Betrieb. Das Zertifikat bestätigt ein hohes Sicherheitsniveau in vier Bereichen: Architektur, Technik, Stromversorgung und Netzwerk.
ℹ️ Was genau ist eigentlich Edge Computing?
Edge Computing – oder Distributed Computing – ist ein Infrastrukturmodell, bei dem Daten in unmittelbarer Nähe oder sogar auf dem Endgerät gespeichert, verarbeitet oder analysiert werden. Davon profitieren Industriesteuerungen, Mikro-Rechenzentren (Edge Data Center) oder IoT-Geräte, zu denen mittlerweile viele Haushaltsgeräte und sogar Autos gehören. Erst nach Erfassung und Verarbeitung der Daten erfolgt die Übermittlung an eine zentrale Datenbank. Das reduziert nicht nur den Bandbreitenbedarf von Rechenzentren. Zeitkritische Dienste können auf Daten in nahezu Echtzeit zugreifen bzw. sie in fast Echtzeit verarbeiten. Verkürzte Laufzeiten minimieren zudem die Gefahr eines Timeouts.
Übrigens ist das Volumen der am Edge anfallenden Daten gar nicht so groß, wie die reine Datenmenge vermuten lässt. Warum das so ist, erklärte Michael Beeck, Gründer und Geschäftsführer der mibeeck Consulting GmbH, auf unserem Summit in Leipzig.
beyond.pl ist übrigens nur eines von vielen innovativen Unternehmen aus Osteuropa. In unserer Serie „Technologie aus Osteuropa“ stellen wir einige vor. Bisher gibt es Artikel zur Ukraine und über Polen.